Positive Psychologie

Positive Psychologie – was wir von ihr lernen können

Positive Psychologie? Davon habe ich schon mal gehört! Da geht es darum, immer positiv zu denken, oder? – nicht ganz. Positive Psychologie ist eine Strömung innerhalb der Psychologie, die erforscht, welche Faktoren zum menschlichen Wohlbefinden beitragen. Der Fokus liegt dabei nicht auf Defiziten, sondern auf Stärken und Ressourcen und wie man diese fördern kann. In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du die Erkenntnisse der Positiven Psychologie nutzen kannst, um etwas für deine eigene Zufriedenheit zu tun.

Eines der bekanntesten Konzepte der Positiven Psychologie ist Martin Seligmanns PERMA-Modell. Darin beschreibt er fünf Faktoren, die gemeinsam zum menschlichen Wohlbefinden beitragen: Positive Emotion, Engagement, Relationships (Beziehungen), Meaning and Purpose (Sinn) und Accomplishment (Leistung). Je mehr dieser fünf Faktoren wir erleben, desto zufriedener sollen wir sein. Klingt zu einfach, um wahr zu sein? Die positive Auswirkung der Faktoren ist aber tatsächlich wissenschaftlich belegt.

Positive Emotionen

Zufriedenheit ist natürlich untrennbar mit positiven Emotionen wie Freude, Dankbarkeit oder Hoffnung verbunden. Für unser Wohlbefinden ist es essenziell, dass wir Spaß haben, uns über Dinge freuen und angenehme Gefühle genießen können. Diese Fähigkeiten können wir auch trainieren, indem wir kleine Übungen in unseren Alltag einbauen.

Eine einfache, aber sehr wirksame Übung ist es, sich jeden Morgen (oder Abend) fünf Minuten Zeit zu nehmen, an einem ruhigen Ort gemütlich hinzusetzen und sich drei Dinge vor Augen zu halten, für die man dankbar ist. Das können Erlebnisse, Menschen in deinem Leben, eine deiner Stärken und Fähigkeiten, aber auch für dich normalerweise selbstverständliche Gegebenheiten sein, wie etwa ein schönes Zuhause zu haben. Konzentriere dich dann ganz auf das Gefühl, auch wo und wie du es in deinem Körper spürst. Die ersten Male wird es dir vielleicht komisch vorkommen, aber je öfter du diese Übung machst, desto einfacher wird es für dich sein, das schöne Gefühl der Dankbarkeit hervorzurufen. Neuronale Verbindungen sind nämlich – genau wie Muskeln – trainierbar und werden immer stärker, je öfter du sie benutzt. Die Übung kannst du auch für andere positive Gefühle machen, etwa indem du dich nach drei Dingen fragst, über die du heute glücklich bist.

Engagement

Wenn wir etwas tun, das unseren persönlichen Stärken entspricht, können wir in einer Tätigkeit (egal ob Arbeit oder Freizeitbeschäftigung) richtiggehend aufblühen. Dabei kann es zu einem sogenannten Flow-Erleben kommen, bei dem wir die Zeit und alles um uns herum vergessen und uns nur auf unser aktuelles Tun konzentrieren. Bei welchen Tätigkeiten es zum Flow-Erleben kommt, ist individuell sehr unterschiedlich – das kann der eine beim Schachspielen, der andere beim Segeln und der nächste beim Lösen komplexer Gleichungen empfinden.

Überlege dir, bei welcher Tätigkeit das letzte Mal für dich die Zeit stehen geblieben ist und versuche, dir in deinem Alltag Raum dafür zu schaffen. Nimm dir Zeit für ein Hobby, das du leidenschaftlich gerne betreibst. Falls du so etwas noch nicht für dich gefunden hast, nimm dir regelmäßig Zeit (z.B. 1-2 Stunden alle zwei Wochen), etwas Neues auszuprobieren. Ich weiß, das ist für viele von uns schwierig und wir haben oft das Gefühl, keine Zeit mehr für eine zusätzliche Aktivität zu haben, aber oft lässt sich durch Prioritätensetzung etwas daran ändern. Frage dich, ob du wirklich alles, was du dir in einer Woche normalerweise vornimmst, machen willst oder musst und streiche, was überflüssig ist. Das können beispielsweise falsch verstandene Verpflichtungen oder alte Gewohnheiten sein, die nicht mehr zu dir passen. Und seien wir uns ehrlich – wieviel Zeit verbringen wir regelmäßig am Smartphone oder vor dem Fernseher, die wir für etwas nützen könnten, das uns wirklich Freude macht?

Beziehungen

Unterstützende, wertschätzende Beziehungen und ein starkes soziales Netzwerk sind enorm wichtige Komponenten des Wohlbefindens. Als soziale Wesen sind wir auf die Unterstützung anderer angewiesen. Wenn diese fehlt, fühlen wir uns einsam, gestresst und werden häufiger krank. Eine Studie in einer amerikanischen Kleinstadt konnte etwa zeigen, dass die Bewohner dieser Stadt, in der der soziale Zusammenhalt deutlich höher war als in benachbarten Gemeinden, ein nur halb so großes Risiko eines tödlichen Herzinfarkts aufwiesen, wie die Bewohner umliegender Städte.

Zeit mit den Menschen, die uns nahe stehen, gehört zu den wichtigsten Komponenten des Glücks. Ein lustiger Abend mit Freunden oder Kuscheln mit dem Partner helfen erwiesenermaßen, unseren Stresspegel zu reduzieren und Glückshormone auszuschütten. Auch hier gilt, gerade in stressigen Zeiten: Prioritäten setzen. Vielleicht kannst du auf das Treffen mit einer Bekannten zugunsten eines Nachmittags mit deiner besten Freundin verzichten oder anstatt dir die hundertste Wiederholung von How I met your Mother anzuschauen mal wieder deine Oma besuchen.

Sinn

In einer Aufgabe aufzugehen und rundherum alles zu vergessen ist schön. Noch förderlicher für unser Wohlbefinden ist es jedoch, wenn wir in unserem Handeln darüber hinaus einen größeren Sinn sehen. Das kann der Fall sein, wenn wir uns ehrenamtlich engagieren, uns für eine Sache einsetzen, jemandem helfen, aber auch, wenn wir unsere Arbeit als sinnvoll empfinden oder als Teil eines größeren Netzwerks aktiv werden.

An diesem Punkt zu arbeiten, ist natürlich eine langfristige Angelegenheit. Einen für dich bedeutungsvollen Job oder eine Sache, für die du dich leidenschaftlich engagierst, wirst du (falls du das nicht schon hast) wahrscheinlich nicht von heute auf morgen finden. Vielleicht gibt es aber etwas, worüber du schon länger nachdenkst – einen Traumjob oder eine Organisation, für die du gerne tätig werden würdest. Dann ist jetzt der richtige Moment, die ersten Schritte in diese Richtung zu setzen. Viel einfacher und auch kurzfristig kannst du darüber hinaus kleine sinnvolle Tätigkeiten – wie beispielsweise anderen eine Freude zu machen – in deinen Alltag einbauen.

Leistung und Zielerreichung

Auch das Gefühl, etwas zu leisten oder ein Ziel zu erreichen, gilt als essenzieller Beitrag zum menschlichen Wohlbefinden. Wenn wir selbstgesetzte Ziele erreichen, erleben wir ein Glücksgefühl und unser Selbstbewusstsein und unsere Motivation werden gestärkt. Für unsere Zufriedenheit ist es daher wichtig, uns vor Augen zu führen, wo wir langfristig hinmöchten und uns auf dem Weg kleine, erreichbare Ziele zu setzen.

Oft machen wir den Fehler, uns ein Ziel zu setzen oder etwas zu erträumen, das weit weg ist – aber ohne uns konkret zu überlegen, welche Schritte wir dafür setzen müssen, es tatsächlich zu erreichen. Dadurch sind wir frustriert und verwerfen den Plan wieder, weil wir das Gefühl haben, dass er unerreichbar war. Deswegen setze dir nicht nur große, sondern auch kleine Ziele – und feiere die Erreichung dieser Zwischenziele dann auch. So kannst du deine Motivation aufrecht erhalten, auch bei Schwierigkeiten weiter zu machen und wirst dich ganz nebenbei auch zufriedener fühlen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen – wie du wahrscheinlich auch aus persönlicher Erfahrung weißt – dass Wohlbefinden mehr als das Auftreten von positiven Emotionen und das Ausbleiben negativer Emotionen ist. Es gibt viele Wege, aktiv zu werden und etwas für deine eigene Zufriedenheit zu tun. Einige davon habe ich in diesem Artikel vorgestellt. Natürlich gibt es kein Patentrezept fürs Glücklichsein und jede/r Einzelne von uns muss selbst herausfinden, was ihm oder ihr guttut. Es lohnt sich jedoch, sich gerade in herausfordernden Zeiten damit zu befassen, was man wirklich im Leben braucht und die Positive Psychologie bietet uns wertvolle Anhaltspunkte dafür.

Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash

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Quellen

Brinkmann, R. (2014). Angewandte Gesundheitspsychologie. Pearson Deutschland GmbH: Hallbergmoos.

Harzer, C. (2017). Positive Psychologie: Eine allgemeine Einführung und Zusammenfassung der Forschung. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 24, 253-267. doi: 10.1007/s11613-017-0509-1

Seligman, M. (2011). Flourish: A Visionary New Understanding of Happiness and Well-being. Free Press: New York.

TED Talk: Martin Seligman über die Positive Psychologie
https://www.ted.com/talks/martin_seligman_the_new_era_of_positive_psychology?language=de

6 Kommentare zu „Positive Psychologie – was wir von ihr lernen können“

    1. the golden twenties

      Lieber Joe,

      vielen Dank für deine wertschätzenden Worte!
      Ich freue mich sehr, positives Feedback von einem Kollegen aus der psychosozialen Praxis zu bekommen!

      Liebe Grüße,
      Magdalena

  1. Hallo!
    Ich bin einfach fasziniert von deinem Artikel! Die sind die Sätze, die ich seit Langem zu hören brauche… Vielen Dank für deine Mühe!

    LG,
    Irmak

    1. the golden twenties

      Liebe Irmak,

      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Ich freue mich sehr, dass mein Beitrag dich so positiv berührt hat.
      Menschen zu erreichen und sie mit meinen Artikeln zu bestärken, ihnen Mut zu machen, oder sie ein Stückchen auf dem Weg zu einem gesünderen, zufriedeneren Leben zu begleiten, ist für mich eine große Motivation, zu schreiben!
      Ich stehe gerade erst am Anfang meines Blogs und da ist jedes Feedback ganz besonders wertvoll für mich – danke, dass du dir die Zeit dafür genommen hast!

      Alles Liebe,
      Magdalena

  2. Pingback: 6 Tipps um deine Gewohnheiten nachhaltig zu ändern - the golden twenties

  3. Ich finde positive Psychologie sehr interessant. Ich hätte nie gedacht, dass man trainieren kann, angenehme Gefühle bewusst zu genießen. Ich werde dazu einmal ein paar Übungen ausprobieren.

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